Vita

  • geb. 1961
  • 1980-1987 Studium der Evangelischen Theologie und Geschichte an der Universität Heidelberg
  • 1992 Promotion zum Dr. phil., nach Tätigkeiten an den Universitäten Augsburg und München sowie an der Lutherhalle Wittenberg
  • seit 2001 Wiss. Angestellter an der Forschungsstelle der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kirchliche Zeitgeschichte

Redakteur des Kirchlichen Jahrbuchs für die Evangelische Kirche in Deutschland

Die Alternative? Der Bruderrat der Deutschen Evangelischen Kirche (1933–1945) bzw. der Evangelischen Kirche in Deutschland (1945–1972)

Forschungslage

Die Geschichte der evangelischen Kirchen in Deutschland nach 1945 wird gerne dichotomisch verkürzt so dargestellt, dass an der Spitze der EKD und der meisten Landeskirchen politisch und theologisch rückwärtsgewandte Männer standen, die aus der jüngsten Vergangenheit wenig gelernt hatten. Ihnen standen mit dem Bruderrat Theologen und Laien gegenüber, die das Erbe der Bekennenden Kirche aus der NS-Zeit fortführten und die eine politisch wache und theologisch fortschrittliche Kirche repräsentierten.

Fragestellung und Ergebnishorizont

Im Projekt geht es darum, dieses stark von eigenen Forschungsinteressen und eigener (kirchen)politischer Positionierung bestimmte Urteil durch eine Analyse der Sitzungsprotokolle und des ausgedehnten Schriftverkehrs der Bruderratsmitglieder zu überprüfen. Diese gewinnt ihren besonderen Wert durch die Tatsache, dass der Bruderrat das einzige kirchliche Organ ist, das die Grenze des Jahres 1945 transzendiert.
Die Analyse wird das Personal, das Netzwerk des gesamtdeutschen Gremiums, das theologische Denken einer Gruppe außerhalb des akademischen Bereichs, die kirchenpolitischen Zielvorstellungen, das Politikverständnis, das Selbstverständnis der Mitglieder und die Form der Diskurse zum Gegenstand haben.
Aus der Einsicht in die Arbeit und die Debatten des Bruderrats werden sich neue Perspektiven auf den bislang kaum erforschten deutschen „Linksprotestantismus“ ergeben.

Zwischen Antiziganismus und Bürgerrechtsbewegung – Die evang. Kirchen in Deutschland und ihr Umgang mit Sinti und Roma im 20. Jahrhundert

Forschungslage

Die historische Forschung hat in den letzten Jahren verstärkt auf einzelne Opfergruppen des Nationalsozialismus geblickt und danach gefragt, wie sich die Kirchen und die akademische Theologie im interdisziplinären Austausch mit anderen Wissenschaften gegenüber diesen Gruppen vor 1933, während der Zeit der Marginalisierung, Entrechtung und Verfolgung/Vernichtung durch den Nationalsozialismus und nach 1945 verhalten haben. Für die letztgenannte Phase sind die Themen Entschädigung, kirchliche Reaktionen auf neue politische oder gesellschaftliche Diskriminierungen, Wandlung des kirchlich-gesellschaftlichen Bildes dieser Gruppen und kirchliches Engagement für diese innerhalb der Bürgerrechtsbewegung der Bundesrepublik Deutschland („Anwalt der Stummen“) zu nennen.
Anders als bei Juden, Kranken und Behinderten, Homosexuellen, Zwangsarbeitern oder in kirchlichen Heimen untergebrachten Kindern und Jugendliche ist das Verhalten des Protestantismus gegenüber Sinti und Roma als NS-Opfern noch nicht in den Blick genommen worden. Dieses Forschungsfeld bedarf dringend einer quellengestützten, methodisch sauberen Aufarbeitung, die anders als die bisher vorhandene Literatur weder von einer Verdachtshermeneutik noch von apologetischen Tendenzen gespeist ist.
Zu fragen wäre primär nach dem Bild der Sinti und Roma in der Theologie und in der kirchlichen Publizistik; nach der Stellung der Sinti und Roma innerhalb der rassen- und biopolitischen Diskurse in Theologie und Kirche. Wurden sie als eigenständige Gruppe wahrgenommen? In der Forschung wird zwischen Antisemitismus und Antiziganismus nur selten differenziert; seit wann, wie und aus welchen Motiven wurden Kirche und Diakonie zu Fürsprechern der Sinti und Roma? Gingen Kirche und Diakonie auf diesem Feld einen eigenen Weg? Sprangen sie auf den Zug der gesellschaftlichen Entwicklung auf oder waren sie Agendasetter? Welche Personen waren Protagonisten des Wandels? Welche Angebote etc. entwickelten Kirche und Diakonie für Sinti und Roma? Welches Bild zeichnet die kirchliche Bildungsarbeit von Sinti und Roma heute?

Quellenlage

Das Projekt kann sich stützen auf die Aktenüberlieferung in landeskirchlichen Archiven, im Evangelischen Zentralarchiv (Berlin), im Archiv des Diakonischen Werkes (Berlin) sowie in den Innen- und Sozialministerien des Bundes und der Länder.

Publikationen

Open Access LMU