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"Eine große Chance der Religionswissenschaft heute ist meines Erachtens ihr Reflexionspotential"

29.04.2025

Was macht Lehre hervorragend? Interview mit PD Dr. Anna-Katharina Höpflinger

PD Dr. Anna-Katharina Höpflinger erhält den Preis für hervorragende Lehre in den Geisteswissenschaften der LMU 2025

Am 23. April 2025 wurde die Religionswissenschaftlerin PD Dr. Anna-Katharina Höpflinger anlässlich der Semestereröffnungsfeier der Evangelisch-Theologischen Fakultät mit dem Preis für hervorragende Lehre in den Geisteswissenschaften der LMU ausgezeichnet. Wir möchten von unserer Kollegin wissen, was das Geheimnis erfolgreicher Lehre ist.

Du bist seit dem Sommersemester 2016 an der LMU tätig. Welche Lehrveranstaltung hast Du als erste hier gehalten?

Ich habe an der LMU mit einem vollen Programm gestartet: einer Veranstaltung zu Körper und Religion, einer zu Religion in der Populärkultur, einem Seminar zu „religiösem Othering“, einem über religionsgeschichtliche Methoden und einem Kolloquium zur Begleitung der Bachelorarbeiten. Die allererste Sitzung, an einem Montag, war die zur Vorlesung über Religion in der Populärkultur.

Welche Ratschläge würdest Du Universitätsdozierenden ans Herz legen, damit die Lehre die Studierenden begeistert?

Ich finde es einfacher, Themen zu erforschen und zu vermitteln, die einen selbst irgendwie bewegen, sei es, weil sie besonders aktuell sind, weil sie faszinieren oder irritieren. Themen also, zu denen man echte offene Fragen hat und die man gemeinsam mit den Studierenden entdecken und erarbeiten kann.

Worauf muss man in der Lehre in einem so interdisziplinären Feld wie der Religionswissenschaft achten, damit trotz der vielfältigen Ansätze, Theorien und Methoden ein klares inhaltliches Profil weitergegeben werden kann?

Die Religionswissenschaft ist ein spannendes Fach: Sie dreht sich um einen Bereich von Kultur, eben „Religion“, zu dem es viele verschiedene Annäherungen und Ansätze gibt. Diese Vielstimmigkeit, die sich auch in regen Diskussionen, wie „Religion“ zu bestimmen sei, äußert, ist also Kern dieses Faches. Das Interdisziplinäre macht die Disziplinarität mit aus. Für die Lehre bedeutet dies, eine Mischung zu finden aus einem gleichzeitigen Öffnen und reflektierten Zuspitzen des Feldes. Ich habe beispielsweise eine Vorlesung über Zeit gehalten, ein Thema, das aus vielfältigen Sichtweisen bearbeitet werden kann. Ich habe entschieden, mich dem Thema mit einem Zugang zu nähern, der die Materialität betont, also Uhren, Kalender und Kirchenglocken, denn das ist das, was wir im Alltag beobachten können, was aber gleichzeitig eng mit Konzepten von Leben, Menschsein und Umwelt verbunden ist.

Was sind die drei wesentlichen Aspekte, die religionswissenschaftliche Lehre attraktiv machen?

Eine große Chance der Religionswissenschaft heute ist meines Erachtens ihr Reflexionspotential. Die Welt ist vielschichtig und verwoben. Die Religionswissenschaft versucht diese Komplexität nicht aufzulösen, sondern beleuchtet sie aus unterschiedlichen Perspektiven. Und genau das macht auch religionswissenschaftliche Lehre attraktiv: die Betonung der Komplexität, die Suche nach Verbindungslinien zwischen gesellschaftlichen Prozessen sowie die Reflexion von Konzepten und Zugängen.

Und welche sind die drei Fehler, die man unbedingt vermeiden sollte?

Respektlosigkeit, Arroganz und unvorbereitet zu sein. Aber abgesehen von solchen grundlegenden Dingen ist es schwierig, von „Fehlern“ zu sprechen. Lehre ist immer abhängig von den Anwesenden, ihren Erwartungen und Vorstellungen. Es geht auch darum, gemeinsam herauszufinden, was funktioniert und was nicht. Wir reden im Team oft über unsere Lehre und tauschen Ideen aus. Das hilft mir enorm, um die Lehre immer wieder neu zu betrachten und damit zu verbessern.

Religionswissenschaft ist eine vergleichende Disziplin, die keine Massen anzieht. Es ist eher ein Studium für Menschen, die sich intensiv mit Kultur und Vielfalt beschäftigen möchten. Was hat Dich dazu motiviert, Dich gerade dafür zu interessieren? Warum gefällt es Dir so sehr, Religionswissenschaft zu unterrichten?

Religion kommt in vielen aktuellen Diskursen vor, die Papstwahl ist nur einer davon. Religion ist Teil unseres Alltags und begegnet uns beim Spaziergang durch eine Stadt – man denke an religiöse Bauten –, beim Austauschen in den sozialen Medien, aber auch als transzendentes Gefühl, etwa in der Natur. Sie ist also nicht trennbar von Kultur im größeren Sinn. Und das ist auch das, was mich am meisten interessiert: Wie spielt Religion in den Alltag hinein, wie prägt sie die Populärkultur, oder wie formt sie Vorstellungen des Körpers, sei es im Hinblick auf Geschlecht oder auf das Ende des Lebens?

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