Erkenntnis durch Reflexion
Der Spiegel als Medium der Repräsentation von religiösen und wissenschaftlichen Weltbildern
Der Spiegel als Medium der Repräsentation von religiösen und wissenschaftlichen Weltbildern
Im Zentrum dieses Forschungsprojektes stehen visuelle Darstellungen von Spiegeln, die Kristallisationspunkte unterschiedlicher Weltdeutungen bilden. Als Quellen der Studie werden Titelblätter und Frontispize von Traktaten aus dem zentraleuropäischen 17. Jahrhundert untersucht, in denen komplexe Repräsentationen religiöser Symbole und optischer Geräte mit Spiegeln verbunden werden, um in Sehtheorien und das Auge, technische Apparate und optische Phänomene einzuführen.
Die Arbeit zielt darauf, Verflechtungen von religiösen und wissenschaftlichen Weltbildern anhand eines materiellen Gegenstandes – des Spiegels – zu untersuchen und verbindet dazu Theorien aus der material culture mit einem religionshistorischen Interesse. Die Arbeit versteht Religion als Symbolsystem, das Orientierung stiftet, indem es Transzendenzlinien akzentuiert, deutet und gestaltet. Ausgehend von diesem Religionskonzept erforscht die Studie die Spannung zwischen Weltdeutungen, die einerseits auf die Beobachtung und Erklärung von Naturphänomenen rekurrieren und andererseits einen Bezug zu Transzendenz formulieren.
Das Motiv des Spiegels signalisiert die Gleichzeitigkeit von religiösen und sich entwickelnden naturwissenschaftlichen Weltbildern. Die Arbeit zeigt am Spiegel auf, dass die in öffentlichen Diskursen debattierte Gegensätzlichkeit zwischen Wissenschaft und Religion aus einer religionshistorischen Perspektive nicht haltbar ist, sondern aus zwei Zugängen zur gleichen Frage resultiert: Was ist die Welt und welche Rolle spielt der Mensch darin?